Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (Az. 8 K 3664/11 F) hat das Finanzgericht Düsseldorf die Frage der Europarechtskonformität der sog. Entstrickungsklausel (§ 4 Abs. 1 Sätze 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes) dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die langjährige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach die Überführung von Einzelwirtschaftsgütern aus einem inländischen Stammhaus in eine ausländische Freistellungs-Betriebsstätte zu einer gewinnverwirklichenden Entnahme führt. Diese sog. Theorie der finalen Entnahme hat der Gesetzgeber durch Schaffung eines Entstrickungstatbestands mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006 erstmals gesetzlich geregelt. Im Jahr 2008 hat der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung aufgegeben. Daraufhin hat der Gesetzgeber die Entstrickungsklausel im Jahr 2010 – mit Rückwirkung – nachgebessert.

Klägerin des Verfahrens ist eine in Deutschland ansässige Personengesellschaft mit niederländischen Gesellschaftern. Im Jahr 2005 übertrug sie Patent-, Marken- und Gebrauchsmusterrechte auf ihre niederländische Betriebsstätte. Die Betriebsprüfung war der Ansicht, dass die Überführung der Rechte in Anwendung der sog. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze zum Fremdvergleichswert und damit unter Aufdeckung der stillen Reserven von rund 4,7 Mio. € erfolgen müsse; allerdings könne aus Billigkeitsgründen ein korrespondierender Ausgleichsposten gebildet und über zehn Jahre gewinnerhöhend aufgelöst werden. Hiergegen wendet sich das Unternehmen mit seiner Klage und beruft sich auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Die gesetzliche Neuregelung entfalte eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung und sei überdies europarechtswidrig.

Dem ist das Finanzgericht Düsseldorf jedenfalls teilweise gefolgt. Zwar seien die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nicht wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig, da der Gesetzgeber nur eine gefestigte, höchstrichterliche Rechtsprechung rückwirkend gesetzlich festgeschrieben habe. Der Entstrickungstatbestand verstoße jedoch gegen die europäische Niederlassungsfreiheit. Deutschland habe das Recht, den in der inländischen Betriebsstätte gebildeten Wertzuwachs zu besteuern. Im Hinblick auf den eintretenden Liquiditätsnachteil sei es allerdings unverhältnismäßig, die Steuer – wenn auch gestreckt auf fünf oder zehn Jahre – vor Aufdeckung der stillen Reserven zu erheben. Dieser Nachteil würde vermieden, wenn dem Steuerpflichtigen – wie vom Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung „National Grid Indus“ aufgezeigt – ein Wahlrecht zwischen der sofortigen und der aufgeschobenen Zahlung eingeräumt werde.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat das Klageverfahren ausgesetzt. Nach Bekanntgabe der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird das Verfahren – unter Zugrundelegung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs – fortgesetzt.

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